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Cradle to Cradle Regionalgruppe Lüneburg

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Logo der Regionalgruppe Lüneburg

Die Cradle to Cradle (C2C) Regionalgruppe Lüneburg ist eine ehrenamtliche Initiative am Campus der Leuphana Universität. Sie ist eine von vielen zum Cradle to Cradle e. V. gehörigen Regionalgruppen und betreibt Bildungsarbeit, um das Cradle to Cradle Designkonzept und die Denkschule in die Gesellschaft zu tragen. Dies geschieht beispielsweise durch Schulbesuche, Veranstaltungen und Workshops im Universitätskontext oder in anderen Rahmenprogrammen wie der Wandelwoche. Sie wurde 2014 gegründet und ist damit die älteste Regionalgruppe des Vereins.

Das Cradle-to-Cradle-Prinzip[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Designkonzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Cradle-to-Cradle-Konzept wurde von Michael Braungart und William McDonough entwickelt[1]. Es bietet eine Alternative zum etablierten linearen Wirtschaftsmodell, bei dem Ressourcen unnachhaltig abgebaut, daraus Produkte hergestellt, die der menschlichen Gesundheit oftmals nicht zuträglich sind und bereits bei ihrem Design festgelegt wird, dass sie nach ihrer Nutzung schlussendlich zu Müll werden. Dadurch wird die Verknappung von Ressourcen verschärft, während das Müllaufkommen steigt. Statt nach „Cradle to Grave“ (von der Wiege zur Bahre, "take, make, waste") zu wirtschaften, möchte Cradle to Cradle (von der Wiege zur Wiege) Produkte so designen, dass sie kreislauffähig sind, um die genannten Probleme zu überwinden. Verwendete Materialien werden positiv definiert: statt anzugeben, welche negativen Inhaltsstoffe nicht enthalten sind, werden Komponenten gewählt, die unbedenklich und gesund sind. Somit grenzt sich Cradle to Cradle auch von Ansätzen im Nachhaltigkeitsdiskurs ab, die nur auf Suffizienz oder Effizienz basieren, da diese die Probleme nur verringern, aber die Wirtschaftsweise nicht radikal bzw. zum Positiven ändern. So grenzt sich Cradle to Cradle auch vom Recycling ab, das häufig mit einem Wertverlust eingeht. Materialien werden zwar wiederverwendet, aber werden schließlich doch zu Müll durch Abnutzung, wobei Cradle to Cradle für Upcycling plädiert.

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Das Designkonzept fußt auf drei Prinzipien:


Schaubild des biologischen und des technischen Kreislaufs

1) Abfall ist Nährstoff
Die Natur wird als Vorbild genommen, dort gibt es keinen Müll, jeder Stoff kann wieder in einen Kreislauf eingehen. Nach Cradle to Cradle ist Müll somit nur ein Designfehler. Schon beim Entwurf eines Produktes soll beachtet werden, was nach der Nutzung geschieht, damit wertvolle Ressourcen nicht verloren gehen. Cradle to Cradle-Produkte werden nach ihrer Nutzung nicht zu Müll, sondern werden als Abfall betrachtet, der Nährstoff für neue Materialkreisläufe sein kann. Dabei werden zwei Kreisläufe unterschieden: Der biologische Kreislauf ist für Verbrauchsprodukte, die sich abnutzen können, also in die Umwelt gelangen. Nach der Nutzung eines Produkts, zum Beispiel eines T-Shirts, sollte dieses biologisch abbaubar sein. Bei der Kompostierung wird so biologischer Nährstoff freigesetzt, der anderen Kreisläufen zur Verfügung steht. Im Falle des T-Shirts könnte dieser "Abfall" Nährstoff für den Anbau von Baumwolle sein, aus dem neue Shirts hergestellt werden. Ein anderes Beispiel ist der Abrieb von Autoreifen, der sich in der Umwelt ansammelt. Wenn dieser in die Umwelt gelangt, sollte er biologisch abbaubar sein, ohne sie zu belasten. Ein C2C-Autoreifen würde also keinen schädlichen Müll, sondern unbedenklichen Nährstoff erzeugen.

Im technischen Kreislauf zirkulieren Gebrauchsprodukte, die sich nicht abnutzen, sondern nach ihrer Verwendung in ihre Einzelkomponenten auseinandernehmbar sein sollen. In diesem Kreislauf sind elektronische Geräte wie beispielsweise eine Waschmaschine zu verorten. Firmen sollten nach dem Leasingprinzip anbieten, die Benutzung und nicht den Besitz des Geräts an sich zu verkaufen. Verbrauchende haben im Endeffekt kein Interesse an der materiellen Waschmaschine, sondern an ihrer Dienstleistung, nämlich sauberer Wäsche. So könnte eine Firma 5.000 Waschgänge verkaufen, die Waschmaschine zur Verfügung stellen und nach der vereinbarten Dienstleistung (oder wenn die Waschmaschine nicht mehr gewollt oder funktionstüchtig ist) sie zurücknehmen. Nach der Rücknahme kann bei einer C2C-designten Waschmaschine eine Demontage erfolgen. Ihre Materialien und Komponenten dürfen nicht verklebt sein, damit kein technischer Nährstoff verloren geht, sondern in neuen Produktzyklen verwendet werden kann.


2) Erneuerbare Energien

Zur Herstellung von kreislauffähigen, intelligenten und innovativen Produkten werden erneuerbare Energien genutzt, statt endliche Energieressourcen zu verbrauchen. Die Sonne, und damit auch der Wind und die Gezeiten, ist der Motor aller natürlichen Prozesse und ist auch für kommende Generationen eine zuverlässliche Energiequelle.


3) Vielfalt feiern

Bei der Konzeption von Produkten und der Überwindung von komplexen Nachhaltigkeitsproblemen sieht Cradle to Cradle vor, eine Vielzahl an Ideen, Ansätzen, Meinungen, Gewohnheiten und Materialien in Betracht zu ziehen. Dabei dient die Natur als Vorbild, da komplexe, artenreiche Ökosysteme generell resilienter gegenüber Störungen sind als Monokulturen. Die biologische und kulturelle Vielfalt soll gewertschätzt und sinnvoll genutzt werden.

Tim Janßen, Co-Geschäftsführung der C2C NGO, im TED Talk.

Die Denkschule[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cradle to Cradle vermittelt ein positives Menschenbild, bei der der Mensch nicht pauschal als Schädling, sondern potentieller Nützling und als Teil der Umwelt betrachtet wird. Das angestrebte Ziel ist nicht nur, die negativen Auswirkungen zu reduzieren, die menschliches Handeln und Wirtschaften auf die Umwelt haben. Der negative ökologische Fußabdruck soll nicht nur verringert werden, sondern ein möglichst großer positiver Fußabdruck soll hinterlassen werden - es wird also keine Neutralität angestrebt. Anstelle von Öko-Effizienz (umweltschädliche Praktiken und Produkte effizienter machen) soll Öko-Effektivität rücken.

Es wird jedoch auch Kritik an dieser "Denkschule" geäußert. Ein so genannter "positiver Fußabdruck" konnte nämlich gesamtgesellschaftlich noch nicht nachgewiesen werden - selbst erneuerbare Energieträger haben einen "negativen Fußabdruck" aufgrund der Ressourcenproblematik ihrer Produktion. Aktuelle Konzeptionen zur Bearbeitung der Klimakatastrophe, z. B. die von Fridays for Future in Auftrag gegebene Studie[2] oder die Studie des Konzeptwerks für Neue Ökonomie[3] gehen von der Wichtigkeit von Effizienz- und Suffizienzstrategien aus. Der oft vermittelte Kontrapunkt des Cradle-to-Cradle-Ansatzes gegenüber Effizienz- und Suffizienz-Strategien steht in keinem Verhältnis zur realen Situation der Klimakatastrophe, für deren Bearbeitung die meisten Wissenschaftler*innen von der Notwendigkeit einer integrativen Bearbeitung dieser entlang verschiedener Strategien ausgehen. Damit wäre der C2C-Ansatz lediglich als Teil einer Konsistenz-Strategie zu begreifen, die von Effizienz- und Suffizienz-Ansätzen komplementiert wird.

C2C plädiert dafür, nicht nur den negativen Fußbabdruck zu verringern, sondern einen möglichst großen positiven zu hinterlassen.

Ehrenamtliche Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Regionalgruppen des Vereins verrichten Bildungsarbeit, um allen Interessierten das Konzept von Cradle to Cradle als Alternative zum etablierten, auf Effizienz und Suffizienz basierten Nachhaltigkeitsdiskurs, näherzubringen. Die Regionalgruppe Lüneburg bietet Formate zu verschiedenen Themeneinheiten an und adressiert unterschiedliche Zielgruppen. Schulbesuche, Filmabende, DIY-Workshops und Festivalstände (Lunatic Festival, Jakobsfestival) gehören zu den wiederkehrenden Veranstaltungen der Regionalgruppe. Im Folgenden werden einige wiederkehrende Projekte der letzten Zeit dargestellt.[4]

Universität und Schulen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An der Leuphana Universität ist die Regionalgruppe am aktivsten. Auf dem Campus werden z. B. Kinoabende im Hörsaal organisiert, zuletzt mit dem Film "Welcome to Sodom", welcher die Ressourcenproblematik von technischen Produkten aufzeigt. Beim Lunatic Festival 2018 war sie mit einem Stand vertreten auf der Initiativenwiese. 2019 und 2020 nahm die Regionalgruppe an der Abfallvermeidungswoche teil, die an der Leuphana durch das AStA-Nachhaltigkeitsreferat Öko?-logisch! organisiert wird. Die Begrifflichkeit "Abfallvermeidung" entspricht an sich nicht der C2C-Denkschule, da das bloße Vermeiden und Reduzieren nicht als langfristig sinnvoller Ansatz betrachtet wird. Die Regionalgruppe hat sich aber bewusst zur Teilnahme entschieden, um Teilnehmenden eine weitere Perspektive aufzuzeigen, in der Abfall nicht gleichbedeutend mit Müll ist, sondern positiv definiert wird mit dem Potential, als Nährstoff zu funktionieren. Der C2C-Programmpunkt ist ein Do-It-Yourself-Workshop, bei dem Teilnehmende die Möglichkeit haben, gegen Spende zur Materialfinanzierung selber Artikel wie Deo, Peeling, Allzweckreiniger und Waschmittel herzustellen. Inhaltlich wird der negative Einfluss von Kosmetik-Produkten auf die menschliche Gesundheit und die natürliche Umwelt vermittelt. Personal-Care-Produkte enthalten häufig Inhaltsstoffe, die nicht fair gehandelt wurden, an Tieren getestet wurden oder Mikroplastik enthalten. Verpackungen sind zumeist auf Basis von endlichen Rohstoffen wie Erdöl hergestellt worden. Anhand dieser Themeneinheit wird das Konzept von Cradle to Cradle vermittelt und wie diese bisher linear ausgelegten Produkte designt sein müssten, um ihre negativen Auswirkungen überwinden zu können. 2020 wurde der Workshop aufgrund der COVID-19-Pandemie mit Selbst-Abholung online durchgeführt. Das Format weckte großes Interesse.

Die Regionalgruppe besucht weiterhin Grundschulen sowie weiterführende Schulen, um bspw. in Projektwochen SchülerInnen das Konzept näher zubringen.

Insektenhotel auf dem Campus

Im Frühjahr 2021 stellte die RG Lüneburg Insektenhotels auf dem Campus der Leuphana Universität auf, um einen Beitrag zur Biodiversität auf dem Universitätsgelände zu leisten. Sie sind im Logo der Leuphana gestaltet und bieten vielfältigen Insektenarten einen Lebensraum und sind mit Infotafeln versehen.

Wandelwoche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein wiederkehrendes Format ist die Teilnahme an der jährlichen Wandelwoche, bei der Projekte zu solidarischer und gemeinwohlorientierter Wirtschaft vorgestellt werden. 2018 hat die Regionalgruppe im Rahmen der Wandelwoche einen Kosmetik-Workshop veranstaltet (mehr zum Format im Abschnitt zur Abfallvermeidungswoche). 2019 wurde in Kooperation mit dem FabLab ein Technik-Workshop veranstaltet, bei dem die Teilnehmenden das Design und die Zusammensetzung ihrer eigenen, alten Elektronikgeräte hinsichtlich ihrer Fähigkeit untersuchen konnten, im technischen Kreislauf zirkulieren zu können. 2020 hat die Regionalgruppe an der „Radtour zum Wandel“ eine von elf Stationen angeboten. Im Museum Zukunft wurde den Teilnehmenden unter Berücksichtigung der Corona-Maßnahmen das Cradle-to-Cradle-Prinzip präsentiert.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Michael Braungart & William McDonough (2003): Einfach intelligent produzieren. Berliner Taschenbuch Verlag
  2. Wuppertal Institut (2020). CO2-neutral bis 2035: Eckpunkte eines deutschen Bei-trags zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze. Bericht. Wuppertal. Online verfügbar
  3. Kai Kuhnhenn, Luis Costa, Eva Mahnke, Linda Schneider and Steffen Lange (Autor*innen), Heinrich-Böll-Stiftung, Konzeptwerk Neue Ökonomie (Hrsg.): A Societal Transformation Scenario for Staying Below 1.5°C. Online verfügbar
  4. Stand Ende 2020
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